Berlin – Paris – Berlin

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Berlin ist seit Tagen, eigentlich seit Wochen grau. Unsere Tage – seit fast 2 Jahren in ähnlichem Trott. Dabei zählen wir zu den vollständig Geimpften, die Zutritt zu Restaurant, Kino und Kultureinrichtungen haben. Letztens kauften wir aus lauter Verzweiflung sogar zwei neue Reiserollis, um uns selbst zu motivieren und uns nicht einzurichten in einer Haus- und Garten-Komfortzone. Uns war klar: Es muss etwas passieren, denn die Jüngsten sind wir auch nicht mehr. Wir müssen uns ein Herz nehmen und uns hinauswagen.

Das Wohin ergibt sich intuitiv: Paris soll es sein, diese schöne Stadt, in der wir uns auskennen und verständigen können, die uns vor nicht allzu große Herausforderungen stellt für unsere erste Reise. Irgendwie hatten wir die Befürchtung, das Buchen und Reisen verlernt zu haben. Doch alles läuft perfekt: Flüge und Ferienwohnung werden komplikationslos per Handy gekauft. Ein bisschen erschreckt uns, dass das Handy nun unser wertvollstes Gut ist. Nur hier befinden sich die „Eintrittskarten“ nach Frankreich – der „Pass Sanitaire“, die Flugtickets, alle Infos zur Wohnung.

Wir sind gespannt, wie wir Berlin vorfinden, wenn wir zurückkommen.

Tag 1 – Ankunft

Natürlich sind wir aufgeregt! Es ist unsere erste große Reise nach einer sehr langen Zeit. Erstmals fliegen wir vom BER. Wir bemerken, wie privilegiert wir sind, in einer Stadt mit einem Flughafen zu wohnen und dann noch in dem Stadtbezirk, der diesem am nächsten liegt.

Wir genießen einen reibungslosen Ablauf und einen pünktlichen Abflug.

Mit dem RER geht’s zum Place de Nation. Hier liegt unser Studio (Einzimmerwohnung). Davor geht’s schnell noch ins MONOPRIX (Kaufhauskette mit Supermarkt). Erste Überraschung – KassiererInnen sind eingespart. Wir scannen alles selbst. Auf dem Kassenbon befindet sich dann ein Code, damit der Laden wieder verlassen werden kann.

Endlich, es ist schon nach 22 Uhr, aktivieren wir den Code für die Eingangstür unseres Hauses und steigen in die 5. Etage unters Dach.

Wir finden ein schönes kleines Appartement vor, das wir nach unseren Bedürfnissen noch etwas umräumen, einiges funktioniert auch nicht, aber darauf muss man in Frankreich vorbereitet sein. Trotz des tollen Bettes mit tatsächlich einer schönen warmen Decke (nicht nur einem Laken wie üblich) schlafen wir unruhig. Aber das ist wohl normal.

Tag 2 – Unser Stadtviertel

Am ersten Tag unseres Aufenthaltes steht immer das Stadtviertel auf dem Programm. Zunächst blicken wir durch die kleinen Dachfenster nach draußen und sehen sogleich die typischen kleinen Schornsteine und erfreuen uns an der tollen Aussicht, auch wenn wir dafür auf eine kleine Leiter steigen müssen.

Unser Stadtviertel hat alles, was es braucht: Kleine Läden aller Art, Cafés, Restaurants, Supermärkte, Schulen, Parks, Boule-Spieler und wir haben Glück – heute auch einen Markt.

Tag 3 – Centre Pompidou

Ein Carnet (10 Tickets) für 16,90 € zu kaufen, ist die preisgünstigste Art mit der Metro zu fahren. Man benötigt die Tickets, um durch die elektronische Kontrolle beim Ein- oder Umsteigen zu kommen. Die Metrostation Nation liegt an der Linie 1. Diese tangiert alle anderen Linien – perfekt, um Paris zu entdecken.  Wir haben uns heute für das Centre Pompidou, das Museum für Gegenwartskunst, entschieden.

Die sich öffnenden Schutzscheibenwände vor dem einfahrenden Zug wurden auf viele Linien ausgeweitet. Einen Zugführer gibt es nicht. Alles läuft autonom ab. Mal noch schnell reinspringen in die Bahn würde wohl das Leben kosten. Wenn die Metro einmal fährt, fährt sie.

Das Centre Pompidou empfängt uns mit den laufenden Ausstellungen an der Fassade. Sowohl das Gebäude als auch der davor liegende Brunnen mit den Figuren von Niki de Saint Phalle sind in die Jahre gekommen und wirken etwas marode.

Sobald man auf der Rolltreppe steht und den Blick auf die Stadt hat, ist man von der Aussicht fasziniert. Neben der Dauerausstellung kontemporärer Kunst, die wir kennen, interessiert uns vor allem die außergewöhnliche Sonderausstellung des amerikanischen Objektkünstlers Charles Ray.

Baselitz gefällt uns eigentlich nicht so, daher sollte es nur ein kurzer Besuch in den Ausstellungsräumen werden. Die Begeisterung des Publikums und die Großzügigkeit der Hängung nimmt uns dann aber doch gefangen.

Besonders gefällt uns die Ausstellung über die Mode des großen Modemachers Yves Saint Laurent. Dargestellt wird der Einfluss der Kunst auf seine Modeideen – einfach ganz toll!

Wir bemerken, wie wir ausgehungert sind und die Kunst nahezu verschlingen. Das macht aber auch tatsächlich hungrig. So geht es hinauf ins Restaurant. Mit kleinen sündhaft teuren Vorspeisen – auch für die Seele – genießen wir den Ausblick über die Stadt und sind unheimlich dankbar, dass wir hier sein können.

Ein kleiner Einkausbummel in Les Halles beschließt unseren Tag.

Tag 4 – Spaziergang vom Place de la Concorde zur Kathedrale Notre Dame

Nach unserem Frühstück geht’s mit der Metro bis zum Place de la Concorde. Der Obelisk ist verhüllt, denn er wird restauriert, aber selbst die Werbung beeindruckt.

Wir sind im Herzen von Paris und treffen auf den Frühling: Ein riesiger Tulpenstrauß des amerikanischen Künstlers Jeff Koons und rosa Blüten lassen uns das Grau der letzten Monate und ständige Corona-Anspannung endgültig vergessen.

Am Eingang des Jardin Des Tuileries stoßen wir zufällig auf wunderbare Ausstellungen im Musée de l’Orangerie zu Werken zahlreicher Impressionisten in Paris und Monets Seerosen. Man taucht durch die Größe der Gemälde tatsächlich ein in eine andere Welt!

Weiter geht’s zum Louvre und über eine der zahlreichen Brücken auf die Ile de la Cité. Davor aber stärken wir uns in einer kleinen Pizzeria direkt an der Metrostation Saint Michel.

Je näher wir Notre Dame kommen, desto trauriger wird es uns ums Herz! Wir kennen die Kathedrale in ihrer vollen Schönheit. Die Absperrung ringsherum wird genutzt, um die beeindruckenden Anstrengungen zur Restaurierung durch Spezialisten aus der ganzen Welt aufzuzeigen. Wenn wir richtig verstehen, ist man jetzt erst einmal so weit, alles Zerstörte abzutragen und noch Erhaltenes zu sichern. Ich glaube, wir beide werden es nicht mehr erleben, dass Notre Dame im vollen Glanz erstrahlt.

Voller schöner Eindrücke kommen wir bei Einbruch der Dunkelheit in unserem Quartier an, kaufen ein und lassen den Tag revuepassieren.

Tag 5 Montmartre

Ein wolkenloser Himmel lädt uns ein nach Montmartre. Mit der Metro geht’s bis Pigalle. Die Mur de je t’aime (Hier liest man „Ich liebe dich“ in allen Sprachen) ist abgesperrt, aber auf dem Weg nach oben stoßen wir auf zahlreiche schöne Momente, die wir im Foto festhalten, bis man plötzlich auf den Place du Tertre stößt mit der Sicht auf die Basilika Sacré Coeur. Die Stimmung hier oben auf dem Platz und vor der Kirche lässt sich nur mit Bildern festhalten, Worte genügen dafür nicht.

Lange halten wir uns hier auf und genießen voller Dankbarkeit das Leben hier. Mit einem sehr leckeren Galette verabschieden wir uns und statten der unterhalb liegenden Moulin Rouge noch einen Besuch ab.

Unser Weg führt uns bis zu den Galeries Lafayette. Als wir ganz oben auf dem Gebäude Menschen erblicken, erinnern wir uns plötzlich daran, dass es auf dem Kaufhaus eine Aussichtsterrasse gibt. Zunächst haben wir nicht die richtige Lust hineinzugehen, da es heute ein unschlagbares Angebot gibt, alles zu 50% kaufen zu können. Dementsprechend ist der Zulauf – also Menschen über Menschen. Dann aber entschließen wir uns doch! Welcher Ausblick! Es lohnt sich!

Gefüllt geht’s nach Hause. Jeden Tag werden uns unsere kleine Wohnung und unser Stadtviertel vertrauter.

Tag 6 Von Marais zu den Champs Elysées

Heute geht’s zum Place des Vosges ins Marais – Viertel. Es ist eines der schönsten Viertel, dessen Reiz auch die Tatsache ausmacht, dass hier zahlreiche Juden leben und man daher eine Vielzahl verschiedener besonderer Geschäfte, Bäckereien und Restaurants findet. Egon, der seine alten Winterstiefel in Paris entsorgen möchte, fällt auch sofort ein wunderbarer Laden ins Auge. Die schönen farbefrohen Schuhe behält er gleich an und fühlt sich darin sofort wohl.

Was gibt es schöneres, als auf dem Place des Vosges, der umrandet ist von schmucken Herrenhäusern, in der Sonne zu baden. Wir könnten immer nur schauen und das Leben beobachten. Auf jeden Fall stellen wir fest, wohin die Mode geht – zu weiten Hosen und langen Mänteln. Wie immer schick die Französinnen und oftmals schon ohne Strümpfe.

Einige Stationen mit der Metro und wir sind auf den Champs Elysées. Auch wenn es bestimmte Labels und Läden auch anderswo in der Stadt gibt, man kauft letztendlich hier: Eine Levi’s Jeans im modernen Look und einen Pandora Charme. Vor dem neu eröffneten Louis Vuitton Geschäft stehen die Leute Schlange.

Wir haben den Eindruck, dass die Zeit rast, als wir zurück in unsere Ferienwohnung kommen.

Tag 7 La Défense und Tour Eiffel

Heute geht’s nach La Défense, das gläserne Hochhausviertel mit der Grande Arche, die eine Achse mit dem Arc de Triomphe und dem Place de la Concorde bildet. Wir wollen uns eine Fotoausstellung des Paparazzi-Fotografen Daniel Angeli ansehen. Im 35. Stockwerk der Arche, also weit über Paris, befinden sich die Ausstellungsräume, in denen wir den Großen und Schönen aus Politik, Kunst und Business begegnen, Künstlern, Sängern und Schauspielern, die auch unser Leben begleitet haben. Diese beeindruckende Hommage an sie werden wir so schnell nicht vergessen!

Hier stellvertretend nur einige Namen: Romy Schneider, Jane Birkin und Serge Gainsbourg, Jean Paul Belmondo, die Queen, Diana, Brigitte Bardot, Paul McCartney und Yoko Ono, Gérard Depardieu, Edith Piaf…

Natürlich darf der Eiffelturm bei einem Paris – Trip nicht fehlen. Wir stoßen hier auf eine Unmenge von Menschen. Gefühlt die Hälfte davon schwarzhäutige Händler mit kleinen und großen Eiffeltürmen an riesigen Schlüsselringen in der Hoffnung das eine oder andere zu verkaufen. Eine Genehmigung dafür haben sie nicht. Polizeistreifen sorgen lediglich dafür, dass sie mit ihren Waren sehr schnell Richtung Gebüsch rennen, um sobald sie weg sind, wieder aufzutauchen. Die große Menge solcher Händler empfinden wir als belästigend.

Überall werden die besten Posen für die medialen Netzwerke geübt. Das ist z.T. schon lustig zu beobachten.

Der Eiffelturm wird teilweise restauriert. Er verfügt zudem über ein neues Sicherheitssystem. Er ist rundherum mit schusssicherem Glas geschützt. Unter dem Turm zu flanieren, ist nicht mehr möglich. Dafür gibt der Turm ein wunderbares Bild hinter den rosa blühenden Mandelbäumen ab.

Nach Hause geht’s mit der Metro, zum Einkauf und ins Bett.

Unser Blick aus dem Fenster am letzten Abend.

Tag 8 Jardin du Luxembourg

Unser letzter Tag ist angebrochen.

Wir sagen Adieu und verlassen unser Haus früher als sonst. Dadurch sehen wir, wie das Viertel erwacht. Das Wasser dient den Saubermännern zur Reinigung der Straße. Alle Abfälle landen in der unterirdischen Kanalisation. Auch in der Metro wird saubergemacht. Überhaupt ist Paris eine saubere Stadt im Vergleich zu Berlin und sie wird eine Radfahr-Stadt. Viele Straßen verlaufen in nur eine Richtung. Eine Spur für die Radfahrer, eine für die Autos, für die Fußgänger gibt’s den meisten Platz – breite Fußwege mit den typischen Cafés überall.

Unser Weg führt uns in den Jardin du Luxembourg – Sonne tanken und Abschied nehmen von Paris in diesem schönen Park.

Non Stop geht es zum Flughafen CDG und ebenso reibungslos wie hierher kommen wir zurück.

Mit aller Wucht trifft uns die Tatsache, dass es Krieg in Europa gibt.

Mitgenommen ins Leben

  • Die kleine Ferienwohnung – unser Rückzugsort – zeigt uns, dass wir sehr wenig brauchen, um froh zu sein.
  • Wenig ist mehr – Kleine Tagesziele mit viel Zeit zum Bummeln und Beobachten lassen.
  • Entspannter mit Corona umgehen.
  • Intuitiv und erst vor Ort planen, denn es kommt so viel Schönes auf einen zu. Wir hatten vorher gar keinen Plan. Neugierig sein.
  • Rituale von zu Hause mitnehmen (z.B. Yoga, Meditation, bestimmte Ernährung), um Körper und Seele nicht zu überfordern.
  • Sich selbst verpflegen, so bekommt man einen viel besseren Einblick in das tatsächliche Leben und fühlt sich nicht als Tourist.
  • Natürlich dürfen ein paar Klamotten, Musik und ein Pandora Charme bei einem Paris-Besuch nicht fehlen.
  • Uns ergreift eine große Dankbarkeit für das Leben, das wir hier in Berlin – in Europa führen dürfen. Diese Reise und die Situation in der Ukraine bestärken uns weiter in dem Weg, Schwächeren zu helfen, wo es nötig und uns möglich ist. Das betrifft besonders das Engagement für unsere Patenfamilie aus Afghanistan. >>weiter …

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