Mein Leipzig lob‘ ich mir!

„Mein Leipzig lob‘ ich mir! Es ist mein Klein-Paris und bildet seine Leute.“
Auf unserem Kurztrip zur Leipziger Messe spüren wir diese Worte, die aus Goethes „Faust“ 1. Teil stammen, mit allen Fasern. Auf dem Weg stimmen wir uns mit „Kulturradio“ auf die Messestadt ein und hören zahlreiche Buchvorstellungen.


Aus einer Tiefgarage kommend, stehen wir genau vor dem schönen alten Rathaus am Markt. Die Atmosphäre der Stadt nimmt uns sofort gefangen. Schönes, Historisches, Neues, Freundliches und ein freier Geist liegen in der Luft. Mitten auf dem Platz – eine große Leinwand, die live über das Geschehen auf der Buchmesse informiert.

Wir lassen uns treiben ohne besonders Ziel. Der Weg führt uns zum Brühl und entlang der kleinen Geschäftsstraßen mit den nach der Wende wunderbar renovierten alten Bürgerhäusern hin zur Nikolaikirche, in der am Abend J. Gauck sprechen wird.

Die Stadt duftet nach Frühling und blüht in allerlei Pastellfarben. Vorbei an Auerbachs Keller geht’s zum Universitätsgebäude. Nichts ist mehr zu sehen von dem Stahl-Betonbau, indem ich von 1971-75 studierte. Stattdessen fällt sofort das Paulinum, die von 2007-2017 errichtete Universitätskirche mit dem sie umgebenden Uni Campus und dem Panorama – Tower ins Auge. Später werden wir herausfinden, welch wunderbaren Blick man von oben hat. Zunächst aber erkunden wir das Unigelände. Was für ein schönes Ensemble! Im Eingangsbereich reihen sich Büsten von Lessing, Leibniz und Goethe aneinander. Aus dem Auditorium Maximum strömen Studenten und begeben sich in den großzügigen Innenhof oder die Mensa. Ich lenke meine Schritte dann doch mal in den Hörsaal, in dem gerade Strafrecht gelesen wurde, und bin begeistert von diesem tollen Raum, so dass ich das Gefühl habe, alle hier gelesenen Gedanken lägen in der Luft und ich könne sie aufnehmen. Mich überkommt auf einmal so eine große Lust, irgendetwas zu studieren.

Dass man den in allen in Leipzig spielenden Fernsehserien zu sehenden Panorama-Tower auch „besteigen“ kann, wussten wir nicht. Kaum in den Fahrstuhl eingestiegen, waren wir auch schon oben und wurden von der Sonne begrüßt. Unter uns kleine Spielzeughäuser, der Zoo mit der riesigen Gondwanaland-Halle und in der Ferne Leuna. Bei einem Cappuccino genießen wir die Sonne und die Nähe zum Himmel.Wieder unten erkunden wir weiter die Stadt und beschließen den Tag mit einem guten Essen.

Am nächsten Tag betreten wir pünktlich zur Eröffnung um 10 Uhr die Messehallen – und welche Überraschung! Die gestern im Radio gehörte Autorin steht mit ihrem Roman „Ilsebill salzt nach“ genau vor uns. Wir haben ein gutes Gespräch mit ihr und sitzen wenig später schon in ihrer Lesung.

An fast jeder Ecke gibt es Lesungen und Gesprächspodien. Wir fühlen uns wie in einem riesigen Büchersog, lassen uns treiben und können gar nicht alles mit unseren Sinnen erfassen. Besonders beeindruckend sind Hunderte Cosplayer mit wirklich außergewöhnlichen Kostümen, überhaupt nimmt die gesamte Manga-Comic-Con – Szene fast eine ganze Messehalle ein.
Die Stimmung ist fantastisch und tausende Menschen feiern das Buch. Wie schön!

In der Glashalle geraten wir in ein witziges Gespräch mit Jörg Thadeusz über sein neues Buch.

Später sehen wir sogar noch einen Poetry-Slam von jungen Menschen vorgetragen, die sich mit großen Themen auseinandersetzen, wie z.B. fundamentalen familiären Konflikten, Gender-Identitäts-Konflikten oder als psychische Krankheit abgetane Besonderheiten oder Prägungen. Diese Texte haben uns sehr betroffen gemacht, machen sie doch deutlich, wie wichtig es ist, menschliche Dispositionen als Teil unserer Zivilisation sichtbar zu machen.

Auch auf den großen Podien von ZDF und ARD geht es um das Sichtbarmachen vielfältiger menschlicher Facetten, Lebensweisen, Konstitutionen und Geschlechtern neben den äußeren Merkmalen wie der Hautfarbe.

Mitgenommen ins Leben

  • Wir haben auf der Messe verstanden, dass eine neue Zeit im Begriff ist zu entstehen mit ungeheuer mutigen jungen Menschen, die eigene und allgemeine Probleme ansprechen und damit akzeptiert und gesehen werden wollen. Das haben wir neben Büchern, Prospekten und vielleicht auch einem tollen Lesestuhl aus Leipzig mitgenommen.
  • Leipzig wird immer schöner. Eine Reise lohnt sich immer. Goethe hatte recht. Vielleicht ist es auch auch eine Alternative, um hier zu wohnen.
  • Die Leipziger Uni Atmosphäre weckte bei uns den Wunsch, vielleicht noch einmal zu studieren. Warum nicht! Philosophie, Geschichte, Kunst, künstliche Intelligenz ….
  • Bei unserem nächsten Besuch der Leipziger Buchmesse mit Übernachtung sollten wir einfach zeitiger buchen.

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